In der vorliegenden Analyse des zwölferschiitischen Islamismus in Österreich standen Aktivitäten und Einflüsse eines Zentrums in Wien im Fokus.
Die neueste Publikation der Dokumentationsstelle Politischer Islam beschäftigt sich mit den transnationalen Netzwerken des politischen Islams der Zwölferschia in Österreich. Eine wesentliche Rolle kommt hierbei den parastaatlichen Einrichtungen der Islamischen Republik Iran im Ausland zu. Als eine solche kann das Islamische Zentrum Imam Ali (IZIA) in Wien gesehen werden, auf dessen Aktivitäten ein Schwerpunkt der Analyse liegt. Die Einrichtung, die in ihrer heutigen Form seit 2001 besteht, umfasst verschiedene Vereine, Firmen und informelle Zusammenschlüsse. Das IZIA verfolgt das Ziel, mittels kultureller und religiöser „soft power“ Einfluss zu nehmen, um den Export der Islamischen Revolution zu propagieren. Es wird seit der Gründung von Geistlichen geleitet, die dem „Obersten Führer“ der Islamischen Republik Iran unterstellt sind. Die Einflüsse zeigen sich, abgesehen von personellen Besetzungen, insbesondere an der thematischen Ausrichtung und den Lehren des religiösen Zentrums.
Das IZIA kommuniziert seine Inhalte innerhalb der Einrichtung durch unterschiedliche Veranstaltungen sowie über klassische und soziale Medien. Unter anderem wird das Konzept einer „islamischen Weltrevolution“ propagiert, wobei über einen Prozess in fünf Schritten eine Transformation der Gesellschaft erfolgen und eine globale Herrschaft erreicht werden soll. In den Jahren 2017 und 2018 gab das IZIA das Jugendmagazin „Tahur-e Gavan“ (Deutsch: Spirituelle Reinigung der Jugend) heraus, welches religiöse Themen aus einer politischen Perspektive behandelte. Das Magazin brachte unter anderem antisemitische Verschwörungstheorien und Karikaturen in Umlauf, verbreitete das diskriminierende Bild von einer untergeordneten Rolle der Frau und propagierte etwa den Dschihad gegen das als „kleiner Satan“ bezeichnete Israel. Der jüdische Staat gilt neben den USA – dem „großen Satan“ – als der Hauptfeind der theokratischen Regierung in Teheran.
In Wien fanden von 2004 bis 2019 Aufmärsche statt, bei denen immer wieder antisemitische Aufrufe und Parolen zu vernehmen waren. Neben Boykottaufrufen sowie der Gleichsetzung des Nationalsozialismus mit Israel kam es auch zu Mordaufrufen gegenüber Jüdinnen und Juden. Regelmäßig wurden außerdem die mittlerweile verbotenen Symbole der Hisbollah – deren militärischer Arm von der EU als Terrororganisation eingestuft ist – gesichtet. Bis heute wird auf den Al-Quds-Tag von offiziellen Vertretungen der Islamischen Republik Iran in Österreich aufmerksam gemacht, wie dies 2023 und auch im heurigen Jahr 2024 bei entsprechenden Aussendungen mit Auszügen einer offiziellen Erklärung der Fall war.
Transnationale Netzwerke: Der politische Islam der Zwölferschia in Österreich